Trainingsstudie zum Bayesianischen Denken (TrainBayes)
In vielen Professionen haben Experten Einschätzungen probabilistischer Natur auf der Basis unsicherer
Evidenz zu treffen. Zwei wichtige Domänen, in denen dies zur täglichen Routine gehört, sind die Medizin
und die Rechtsprechung. Viele Urteile von Ärzten oder Richtern lassen sich auf der Grundlage der
Formel von Bayes, einer zentralen Formel aus der Wahrscheinlichkeitsrechnung, mathematisch begründen.
Diese Formel liefert ein Modell für die Änderung einer Wahrscheinlichkeitseinschätzung zu einer Hypothese,
wie etwa über den Krankheitszustand eines Patienten oder über die Schuld eines Angeklagten, wenn neue Daten
wie medizinische Testergebnisse oder juristische Indizien bekannt werden.
Allerdings kann das Bayesianische Denken im Sinne eines Updatens von Hypothesen auf der Basis relevanter Daten
nicht nur für Laien, sondern auch für Experten eine erhebliche Schwierigkeit darstellen. Gerade in der Medizin und
der Rechtsprechung, wo oftmals Ent-scheidungen von großer Tragweite über medizinische Behandlungen oder über juristische
Sanktionierungen getroffen werden müssen, sind falsche Urteile aufgrund derartiger Trugschlüsse mit tragischen Folgen
vielfach dokumentiert.
Aufgrund der hohen Relevanz des Bayesianischen Denkens gibt es eine Fülle von For-schung in der Psychologie wie auch
der Mathematikdidaktik, in der potentiell erfolgreiche Strategien zur Unterstützung Bayesianischen Denkens untersucht
worden sind. Zwei Strategien, nämlich die Repräsentation der statistischen Informationen in Form von natürlichen Häufigkeiten und bestimmte Visualisierungen der statischen Information, haben sich bisher als verständnisfördernd für das Bayesianische Denken erwiesen.
Der vorliegende Antrag hat das Ziel, bereits entwickelte Strategien (natürliche Häufigkeiten, Visualisierungen)
systematisch zu kombinieren und in einem Training mit Studierenden der Bereiche Medizin und Jura experimentell zu
untersuchen: Pro Domäne werden zwei Optimaltrainings (natürliche Häufigkeiten; Visualisierung mit Einheitsquadrat bzw.
Doppel-baum), zwei "Kontrolltrainings" (schulcurricularer Standard; reines Häufigkeitstraining), sowie eine
Kontrollgruppe implementiert und in einem "pre-post-follow up"-Design bezogen auf die Performanz, die Einschätzung der
Wirkung von Parameteränderungen (Kovariation) sowie die adressatengerechte Kommunikation verglichen. Daraus sollen
grundlagenorien-tiert domänenspezifische und domänenübergreifende Gelingensbedingungen für Bayesianische
Schlussfolgerungen abgeleitet werden. Neuartig bei diesem Ansatz ist es, dass neben der Performanz auch die
Kovariation und Kommunikation als Bestandteile des Bayesi-anischen Denken untersucht werden. Innovativ ist ebenso,
dass bezüglich der Performanz und des Verständnisses der Kovariation nicht nur Ergebnisse (Produkte), sondern auch
die kognitiven Strategien (Prozesse) zur Lösungsfindung durch die Analyse von (nicht-Bayesianischen)
Zwischenergebnissen, Fehleranalysen sowie durch die write-aloud Methode adressiert werden.
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Projektleitung:
Prof. Dr. Andreas Eichler
eichler@mathematik.uni-kassel.de
Prof. Dr. Stefan Krauss
Stefan.Krauss@mathematik.uni-regensburg.de
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